Weidener Sagen

Das Hussittenglöckerl

Ein staubbedeckter Reiter sprengte durch das Untere Tor und schrie: "Feindio! Feindio! Die Hussiten kommen!"

Kreischend schlossen sich die schweren Torflügel. Rasselnd schwankten die Zugbrücken hoch. Schnell eilten die Bürger auf die Wehrgänge. Als die Hussiten kamen, fanden sie die Stadt verschlossen und wohlvorbereitet auf einen Angriff vor. Mit seinen starken Mauern und wuchtigen Türmen trotzte Weiden dem Feind. Er musste wieder abziehen.

Aber der Reichtum der fleißigen Handelsstadt war für die böhmischen Räuberhorden doch zu verlockend. Deshalb kamen sie wieder. Diesmal wollten sie durch eine List die Stadt einnehmen, weil es mit Gewalt nicht ging. Im Dunkel der Nacht wühlten sie unter der Stadtmauer ein Loch durch. In einem Graben leiteten sie Wasser aus der Mooslohe herein und ließen es durch das Loch in die Stadt laufen. – Merkt denn niemand das Unheil? Wacht doch auf, ihr ahnungslosen Schläfer ehe es zu spät ist!

Da, horch! Vom Rathausturm wimmert das kleinste Glöckerl. Der Ton läuft von Gasse zu Gasse, klopft an jedes Fenster und weckt die Menschen. Noch den Schlaf in den Augen, laufen die Weidner auf die Straße. Sie eilen zur Mauer, und da sehen sie das Unheil. Schnelle Hilfe tut not. Die Männer verstopfen und vermauern das Loch in der Stadtmauer mit Sandsäcken und Steinen. So ward in letzter Stunde die Stadt gerettet.

Wer hat in dieser Nacht das Glöckerl geläutet? Und wer hat die Schläfer geweckt? Niemand wusste es, und kein Mensch hat es je erfahren.

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